Die kleinen Peinlichkeiten großer Menschen

AUSSTELLUNG: Galerie Natalia Offermanns zeigt Arbeiten von Patricia Thoma und Vitali Safronov  

Von unserer Mitarbeiterin Ulrike Soltendiek  

In der Mannheimer Galerie von Natalia Offermanns sind wieder zwei unterschiedliche Künstler zu Gast: die Deutsche Patricia Thoma, 1977 im Markgräflerland geboren, sowie der elf Jahre ältere Russe Vitali Safronov. Beide studieren in Stuttgart.

"Riesen" ist der Name der Ausstellung und wahrlich riesenhaft stecken die von Patricia Thoma gemalten Menschen in ihren unproportionierten Körpern. Dazu wirken sie doch kindlich, auch wenn es Erwachsene sind, die dargestellt werden. Sie haben große runde Köpfe mit spärlichem Haarwuchs, dazu winzige Äuglein, Mündchen, Näschen. Der verschwiemelte Gesamteindruck dieser "Paare" und besonders die kleinen Augen geben den Leuten etwas Verschlagenes, Unsympathisches. Patricia Thoma legt ihre Arbeiten mit Bleistift und Öl auf Papier an. Hiermit erzielt sie auch den Eindruck des Verschmutzten, unsauberen, der den Figuren anhaftet.

Auch die Kinderporträts erscheinen in der extremen "Ver-Riesung" seltsam unproportioniert und verschoben, von frühreifer Koketterie. Aus Blick und der Haltung der Mädchen spricht etwas, dem alles Kindliche fehlt. Eine Erfahrung, ein Wissen von gefährlichen und abscheulichen Dingen, die Kindern dieses Alters noch nicht bekannt sein sollten. Die Mädchen sind zumeist in Unterwäsche abgebildet, aber auch mit Kleidung wirken sie wie bloßgestellt und nackt. Die Utensilien, die diese Nicht-Kinder bei sich tragen, verweisen mehr auf Anarchie als auf Anmut. Es sind (Wasser-)Pistolen, Schwerter und ramponiertes Spielzeug. Offenbar sind sie so verwundet worden, dass sie mit solcherlei schwerem Geschütz die letzte Reste ihres Kindseins verteidigen müssen.

Auch Vitali Safronovs Terrakotta-Skulpturen sind riesig. Die Körper, Gliedermaßen und Hände ziert meist ein winziger Kopf. Was die Figuren liebenswert macht, sind spielerisch beigegebene Attribute. Amors Pfeil im Herzen beim "Unfall", die Nickelbrille des "Wissenschaftlers" oder das rührende Gänseblümchen in dicker Faust bei "Eine Geschichte".

Galerie Natalia Offermanns, Mannheim K 2, 33 (neben dem Atlantis-Kino), bis 29. November, Dienstag und Freitag 17.30-20.30 Uhr, Samstag 13-15 Uhr.  

 

© Mannheimer Morgen   –   21.11.2000